In Zeiten von verschärften Maßnahmen in der Corona-Pandemie machen sich gerade Schulen und Kindergärten Gedanken über sinnvolle Maßnahmen, die helfen können, Ansteckungen mit COVID-19 zu verhindern. Mittlerweile ist bekannt, dass ein Großteil der Ansteckungen über die Atemluft stattfinden. Infektiöse Personen geben winzige Tröpfchen, sogenannte Aerosole, ab, die dann von anderen eingeatmet werden können. Luftreinigungsgeräte in die Klassenräume zu stellen, ist allerdings für viele Schulen finanziell nicht zu stemmen. Deshalb sind kreative Ideen gefragt. Wir stellen zwei wirksame und kostengünstige Lösungen vor.

Lüftungshelfer Arduino Nano

In der Waldschule Kinderhaus in Münster hilft man sich mit einem Arduino Nano, der mit einem CO2-Sensor und einem LCD-Display verbunden ist. Der Sensor misst den Anteil von CO2 in der Raumluft und gibt den Wert in ppm (kurz für „parts per million“, also Einheiten pro eine Million Einheiten) an. 400 ppm CO2 bedeutet z.B., dass von einer Million Luftteilchen 400 Teilchen CO2-Moleküle sind. Doch was hat CO2 jetzt mit Corona zu tun?

Corona-Viren werden unter anderem über Aerosole in der Luft übertragen. Diese Aerosole sind so klein, dass sie auch durch die Alltagsmasken dringen können. Wer das Virus in sich trägt, atmet mit CO2 auch immer einige Virus-Aerosole aus. Die infektiösen Aerosole lassen sich aber nicht gut in der Luft erkennen. Einfacher ist das beim CO2. Deshalb ist der Anteil an CO2 in der Luft ein guter Richtwert für den Anteil an Aerosolen.

Alles im grünen Bereich

Thomas Becher, Lehrer für Physik und Technik an der Waldschule Kinderhaus, erklärt das System: „Wir haben mit dem Sensor, dem Arduino Nano und dem LCD-Display eine CO2-Ampel gebaut. Bei einem CO2-Gehalt zwischen 400 und 750 ppm zeigt das Display grün an. Da ist die Luft noch nicht so mit Aerosolen belastet. Bis 1000 ppm ist es gelb, bei größeren Werten rot. Da würde man aber auch ohne Sensor beim Reinkommen schon die schlechte Luft bemerken“.

In der Waldschule wird penibel darauf geachtet, dass es gar nicht erst zu so hohen Werten kommt. Hier wird bei 750 ppm gelüftet, kurz bevor das Display gelb wird. „Insgesamt läuft das auf ein 4-minütiges Lüften alle 25 Minuten hinaus. Dabei sinkt die Temperatur im Klassenraum nur um etwa 5 °C und ist auch schnell wieder aufgeheizt“.

Die Idee hat Becher auf einem Blog gefunden. Robert Helling beschreibt dort, wie sich ein Arduino-Ampel-System bauen lässt. Bei dem von ihm verlinkten CO2-Sensor kommt es aber bereits zu langen Lieferzeiten – das Interesse ist groß (Stand 01.12.2020: Lieferbar ab Ende März 2021)!

„Nachdem uns brickobotik die neuen 3D-Drucker geschickt hat, habe ich mich gleich daran gesetzt, einen Gehäuseprototyp für unsere Arduino-Ampel zu entwerfen. Nach etwas Tüfteln haben wir jetzt ein ganz hübsches Gehäuse, finde ich“. Der Druckvorgang hat etwa viereinhalb Stunden gedauert. Gelötet und zusammengesteckt war das System in nur knapp 20 Minuten. „Das haben wir zusammen mit einer kleinen Schülergruppe gemacht, die nun stolz darauf ist, dass in fast allen Klassen ihre mitgebaute CO2-Ampel steht“.
Ende Oktober hat alles zusammen etwa 40 € gekostet. Je nach Liefersituation kann der Preis aber schwanken.

Luftreinigung für Bastler*innen

Etwas teurer und komplizierter ist ein Luftreinigungssystem, das am Max-Planck-Institut für Chemie erdacht worden ist. Die Anlage lässt sich mit Materialien aus dem Baumarkt im Wert von etwa 200 € nachbauen und wird derzeit an der Integrierten Gesamtschule Mainz-Bretzenheim getestet. Auch an der Brunnenschule Mainz-Marienborn ist das System in elf Klassenzimmern im Einsatz.

Die Konstruktion besteht aus mehreren Rohren und DIY-Abzugshauben, die etwa zwei Meter über den Sitzplätzen hängen. Da Menschen Wärme abstrahlen, warme Luft ausatmen und wärmere Luft nach oben steigt, kann die selbstgebaute Lüftungsanlage auf diese Weise bis zu 90 Prozent der Aerosole aus der Raumluft entfernen.
Die mit der warmen Luft aufsteigenden Aerosole werden mit den Abzugshäubchen aufgefangen und in ein Rohrsystem geleitet. Alle kleineren Rohre führen in ein Zentralrohr und das wiederum durch ein gekipptes Fenster ins Freie. Ein Ventilator am Ende des Rohrs sorgt dafür, dass die Luft aktiv nach außen transportiert wird.

Grafik: Andrea Koppenborg

Derzeit braucht es noch etwas handwerkliches Geschick, da die Einzelteile individuell zusammengebaut und montiert werden müssen. Doch die Forscher*innen stehen mit Unternehmen in Kontakt, die einzelne Formteile für die Konstruktion fertigen könnten – das würde den Nachbau deutlich einfacher machen. Erfinder Frank Helleis sieht außerdem einen Nutzen über die Corona-Zeit hinaus: „Unser System löst auch das lange bekannte CO2-Problem in Klassenräumen. Denn sie befördert nicht nur Aerosole nach draußen, sondern reduziert auch die CO2-Anreicherung, so dass sich die Schüler besser auf den Unterricht konzentrieren können.“
Doch bei allem Enthusiasmus: Die Anlage ersetzt nicht das Einhalten der Sicherheitsmaßnahmen wie das Maskentragen. Sie ergänzt die bestehenden Maßnahmen lediglich und hilft Schulen nicht nur das Infektionsrisiko zu minimieren, sondern auch, zusätzliche Energiekosten zu verhindern.

Einen Baubericht finden Bastelfreund*innen hier. Mit vier bis sechs Personen kann ein System in etwa vier Stunden im Klassenzimmer eingebaut werden.

Titelbild: Thomas Becher